Viele Administratoren holen sich Unterstützung, wenn sie im Microsoft-Lizenz-Dschungel verloren sind. Denn wenn es um die Kreativität der Lizenzierung geht, kennt Microsoft keine Grenzen. So bietet der Konzern seit Oktober 2022 eine neue Server-Lizenzierung für virtuelle Maschinen an: Statt die Kosten anhand der physisch vorhandenen CPUs zu berechnen, ist nun die Anzahl virtueller Kerne entscheidend. Klingt gut, doch leider steckt der Teufel aber im Detail.
Seit der Einführung von Windows Server 2016 erfolgt die Lizenzierung auf Basis physischer Prozessorkerne. Es müssen alle physisch vorhandenen Kerne, mindestens jedoch acht Kerne je Prozessor und mindestens 16 Kerne pro (physischem) Server lizenziert werden. Dabei ist es egal, wie viele Kerne eine virtuelle Maschine (VM) tatsächlich verwendet. Pro Lizenz dürfen zwei VMs betrieben werden. Des Weiteren werden je User oder Device für den Zugriff sogenannte Client-Access-Lizenzen benötigt.
Spannende Voraussetzungen
Das neue Lizenzmodell nach virtuellen Kernen (vCores) hört sich zwar verlockend an, jedoch verlangt Microsoft nun eine aktive Software Assurance (SA) oder eine CSP Subscription (Cloud Solution Provider). Gleiches gilt auch für die Zugriffslizenzen (CAL – Client Access License). Microsofts SA ist ein kostenpflichtiges Software-Wartungsprogramm, welches den Zugang zu den neuesten Software-Versionen und Releases ermöglicht. Bei CSP Subscriptions handelt es sich um ein- oder dreijährige Mietlizenzen, mit ähnlichen Rechten wie bei einer Software Assurance.
Die Lizenzierung nach vCores basiert auf der Anzahl der virtuellen Kerne, über die ein Windows-Server verfügt. Statt pro physikalischer CPU oder Server zu lizenzieren, werden die virtuellen Kerne gezählt und entsprechende Lizenzen erworben. Der Kunde muss mindestens 16 vCores kaufen, auch wenn er einen geringeren Bedarf hat. Jede VM, in der ein Windows-Server ausgeführt wird, erfordert mindestens acht vCore-Lizenzen, selbst wenn der virtuellen Maschine weniger als acht vCores zugewiesen wurden. Die Lizenzen dürfen innerhalb eines Clusters beliebig verschoben werden. Diese vollständige Lizenzmobilität ist ein weiterer Vorteil gegenüber der klassischen Lizenzierung nach physischen Kernen, bei der die Lizenzen 90 Tage an eine bestimmte Hardware gebunden sind.
Durch die Art der Lizenzierung können Unternehmen laut Microsoft die Lizenzen an die tatsächlichen Anforderungen und die Größe ihrer virtuellen Umgebungen anpassen. Dadurch soll eine bessere Skalierbarkeit und Ressourcenoptimierung erfolgen. Jedoch kostet diese Lizenzierungsvariante aufgrund der notwendigen Software Assurance teilweise deutlich mehr als erwartet. Die kompletten Kosten über den gesamten Zeitraum im Blick zu haben, ist leider nicht einfach. Wer sauber rechnet, findet in vielen Fällen einen Showstopper.
Beispielszenario
Für ein Cluster, bestehend aus zwei Dell-Servern mit je zwei 14-Kern-Prozessoren, wird eine virtuelle Windows-Server-Instanz mit acht virtuellen Kernen benötigt. In diesem Beispielszenario hat das Unternehmen 25 Mitarbeiter. Somit sind neben Windows-Server-2022-Lizenz auch 25 User-CALs notwendig. Bei der bisherigen Physische-Cores-Lizenzierung werden 28 Standard-Core-Lizenzen benötigt. Lizenziert wird die gesamte Hardware, auf der der Windows-Server läuft. Aufgrund fehlender Lizenzmobilität müssen beide physischen Server mit jeweils 28 Standard-Core-Lizenzen ausgestattet werden.
Eine Lizenzierung nach vCores benötigt lediglich eine Standard-16-Core-Lizenz (Mindestlizenzierung) zuzüglich Software Assurance, auch wenn nur acht virtuelle Prozessorkerne beansprucht werden. Die 25 User-CALs müssen ebenfalls über eine Software Assurance verfügen.
Klassische Lizenzierung | Preis je Server (netto) | vCore-Lizenzierung | Preis (netto) |
---|---|---|---|
2 x Windows Server 2022 Standard für 28 Cores | 1.464,00 € | 1 x Windows Server 2022 Standard für 16 Cores | 819,00 € |
Software Assurance Windows Server – 3 Jahre | – | Software Assurance Windows Server, 3 Jahre für 16 Cores | 952,00 € |
25 x Windows Server 2022 User CAL | 847,00 € | 25 x Windows Server 2022 User CAL | 847,00 € |
25 x Software Assurance, Windows Server 2022 User CAL, 3 Jahre | – | 25 x Software Assurance, Windows Server 2022 User CAL, 3 Jahre | 1.000,00 € |
Kosten in den ersten 3 Jahren | 3.775,00 € | Kosten in den ersten 3 Jahren | 3.618,00 € |
Kosten nach 6 Jahren | 3.775,00 € | Kosten nach 6 Jahren | 5.570,00 € |
Der größte Vorteil der vCore-Lizenzierung ist die Loslösung von der Hardware. Damit wird eine vollständige Lizenzmobilität in virtualisierten Infrastrukturen erreicht. So lässt die vCore-Lizenzierung, wie in unserem Beispielszenario, den Betrieb einer Windows-Server-2022-VM im Cluster auf den ersten Blick kostengünstiger erscheinen. Jedoch muss man berücksichtigen, dass die Software Assurance nach drei Jahren wieder erneuert werden muss und somit weitere Kosten anfallen. Wenn es seitens Microsoft keinen Assurance-Zwang gäbe, wäre diese Art der Lizenzierung gerade für kleine Kunden eine große finanzielle Erleichterung im teuren Microsoft Lizenz-Dschungel. Schade.