Nach all den Abwägungen und Diskussionen im Vorfeld: wann bringt die Cloud einem Unternehmen nun Vorteile und wann bringt sie nichts? Häufig liegt die Antwort irgendwo dazwischen, wie immer bei komplexen Zusammenhängen. Wir befassen uns daher mit verschiedenen Einsatzszenarien und geben dazu Empfehlungen.
Im ersten Schritt verkleinern wir das Feld: nachdem die Zielgruppe der LIS AG kleine und mittelständische Unternehmen sind, lassen wir Firmen mit mehr als 200 Arbeitsplätzen in dieser Betrachtung außen vor. Bei großen Organisationen spielen häufig andere Faktoren eine Rolle als im Mittelstand. Diese sind individuell und mit Blick auf die Unternehmensstrategie zu bewerten.
Kleine Unternehmen in die Cloud
In Deutschland und Österreich gibt es über zwei Millionen Betriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern, die damit als Kleinstunternehmen gelten. Viele davon bleiben dauerhaft in dieser Dimension, für einige ist diese Größe aber nur die Startphase ihres Wachstums. Kleinstunternehmen sind geprägt durch flexible und vielseitige Mitarbeiter, die es gewohnt sind, mehrere Funktionen auszufüllen. Insofern war es bis vor einigen Jahren normal, dass fachfremde Mitarbeiter auch die Funktion des IT-Verantwortlichen als Zusatzaufgabe übernahmen.
Aufgrund der stärkeren Digitalisierung und der hohen Anforderungen an die IT-Sicherheit sind IT-Verantwortliche heute allerdings mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert als in der Vergangenheit. Zudem sind selbst Kleinstfirmen im täglichen Geschäft stärker abhängig von einer funktionierenden IT. Sie brauchen möglichst ausfallsichere Systeme sowie Vorkehrungen für die Wiederherstellbarkeit von Daten und Funktionen. Hierzu ist profundes Fachwissen nötig, das intern meist fehlt.
Fokus auf die Finanzen
Betrachtet man diese Anforderungen aus betriebswirtschaftlicher Sicht, dann sind manche Cloud-Produkte durchaus interessant: sie können viele der oben genannten Probleme mit Standardansätzen lösen und bleiben – aufgrund des Abrechnungsmodells nach Benutzern – auch auf mittlere Sicht günstiger als der Aufbau und die Pflege eigener IT-Strukturen.
Wie in den vorausgegangenen Artikeln erläutert, brauchen Kunden für den operativen Betrieb von Cloud-Anwendungen aber Unterstützung. Daher sollte ein kompetenter Dienstleister den etwaigen Cloud-Einsatz begleiten. Die LIS AG entwickelte für Klein- und Kleinstunternehmen mit ITSME (IT for SMall Enterprises) einen eigenen Cloud-Ansatz mit individualisierbarem Service und Support, der genau dies bietet.
Mehr Vielfalt bei Anwendungen im Mittelstand
Mittelständische Unternehmen nutzen typischerweise mehr unterschiedliche Programme als Kleinunternehmen. Neben den üblichen generischen Anwendungen von Microsoft, Adobe und ähnlichen Anbietern finden sich hier branchenspezifische Lösungen und häufig auch Spezialanwendungen für bestimmte Marktnischen. Diese gibt es meist nicht als Cloud-Anwendungen und das wird aufgrund der wenigen Installationen auch künftig so bleiben. Zum Teil lassen sich diese Applikationen auch nicht ohne weiteres in ein Rechenzentrum mit Remote-Zugriff migrieren, weil Integrationsprobleme dagegen sprechen. Diese Anwendungen erfordern daher lokale Infrastrukturen.
Ähnliches gilt, wenn das Geschäft eines Unternehmens auf Firmengeheimnissen fußt (Patente, Spezialwissen, Partnerschaften): diese Daten sollte man nicht ohne Not in die Cloud migrieren, weil man damit die Schere für den seidenen Lebensfaden des Unternehmens einem Fremden übergibt. Das Stichwort lautet Datensouveränität, ansonsten gibt man die Hoheit über Daten und Funktionen ab.
Getätigte Investitionen weiter nutzen
Ein oft nicht bedachtes betriebswirtschaftliches Kriterium sind die vorhandenen Möglichkeiten zum Betrieb eines Rechenzentrums, zum Beispiel Rechnerräume in getrennten Brandabschnitten, Klimatisierung, Netzwerke mit Glasfaser und andere bereits getätigte Investitionen. Ähnliches gilt für Server- und Storage-Hardware, die in den allermeisten Fällen noch Jahre nutzbar ist. Diese Investments muss man nicht unnötig aufgeben.
Oft lassen sich ältere Geräte auch mit geringem Aufwand und niedrigen Kosten aufrüsten und somit für neue Software wappnen. Neben dem naheliegenden wirtschaftlichen Vorteil dient der Weiterbetrieb vorhandener Hardware auch der Nachhaltigkeit: gerade in Elektronik stecken viele wertvolle Rohstoffe.
Der Zwang zur Cloud
Wie bereits im Vorfeld festgestellt, werden Kunden zum Teil in die Cloud gezwungen, weil Hersteller ihre Anwendungen nur noch in dieser Form anbieten. Eine etwas – aber nicht viel – subtilere Form des Zwangs ist die Bevorzugung von Cloud-Anwendungen gegenüber On-Premises-Ansätzen durch die Hersteller selbst: Microsoft beispielsweise installiert Security-Updates für Exchange erst in der Cloud, bevor sie für On-Premises-Kunden zur Verfügung stehen.
Viele Unternehmen müssen diesem Druck zu Cloud-Anwendungen auch nachgeben, weil sie von ihren eigenen Kunden mehr oder weniger dazu gezwungen werden. Hier spielen Kompatibilitätsthemen eine herausragende Rolle. Ein gutes Beispiel ist Microsoft Teams: Viele unserer Kunden würden gerne ein sicheres Videokonferenz-System benutzen, sie werden allerdings von ihren eigenen Kunden dazu angehalten, MS-Teams zu nutzen, weil man das kennt.
Der Dienstleister als Schlüsselelement
Aus unserer Erfahrung gibt es bei den wenigsten Unternehmen bis 100 Arbeitsplätzen eine Fulltime-Fachkraft für den Betrieb der IT, weil sich deren Einsatz nicht rechnet und weil geeignete Mitarbeiter schwer zu finden sind. Ein IT-Dienstleister, der das Unternehmen kennt und beraten kann, spielt daher bei allen Überlegungen zur Cloud eine wichtige Rolle. Mit ihm sollten die Unternehmensziele und die hierfür verfügbaren Alternativen und Möglichkeiten diskutiert werden. Die meisten IT-Dienstleister übernehmen im Rahmen von Managed Services mit einer monatlichen Pauschale die Verantwortung für die Kunden-IT – meist deutlich günstiger und vor allem professioneller als intern darstellbar.
Seien Sie aber vorsichtig, wenn Ihr Dienstleister Sie „alternativlos“ und ohne wirkliche Begründung in die Cloud bugsieren will: dann spielen entweder betriebswirtschaftliche Gründe eine Rolle oder Sie haben einen blinden Cloud-Fan als Dienstleister engagiert. Aus unserer Erfahrung sind diese beiden Gründe eher die Regel als die Ausnahme.
Erkenntnisse und Empfehlungen
Viele mittelständische Unternehmen nutzen Anwendungen, die nur lokal betrieben werden können oder sie wollen sensible Daten schützen und unter eigener Kontrolle halten. Daher sind in solchen Fällen lokale IT-Strukturen nötig und unvermeidlich. Gleichzeitig sind diese Unternehmen subjektivem oder objektivem Druck der Softwareanbieter ausgesetzt, ihre IT in die Cloud zu verlagern.
Vor diesem Hintergrund sollte sich jedes Unternehmen überlegen, ob und wo Cloud-Computing sinnvoll ist. Wenn Sie intern oder über Ihren Dienstleister Expertise für die Datensicherheit haben, dann lassen sich angreifbare Anwendungen wie Exchange natürlich auch weiterhin on prem betreiben. Auf Basis eines individuellen Cloud-Konzepts für Ihr Unternehmen – das wird aktuell meist eine hybride Cloud sein – lassen sich dann auch interessante Cloud-Anwendungen wie CRM (Customer Relationship Management) oder Projektmanagement gefahrlos einbinden und nutzen.
Bevor Sie starten, lassen Sie sich von Ihrem Anbieter schriftlich bestätigen, dass der Betrieb in der Cloud DSGVO-konform ist, sie könnten sonst später in größere Probleme laufen. Aktuell schenken Unternehmen diesem Aspekt zu wenig Beachtung, künftig wird dies eine hohe Priorität haben.
Es besteht jedenfalls kein Grund für unüberlegte und hektische Migrationen in die Cloud. Behalten Sie die Kontrolle über Ihre Daten, bleiben Sie cool und überlegt bei allen Schritten dahin. Ein Zurück ist teuer.