Heutzutage steht der chinesische Telekommunikationsausrüster Huawei immer mehr in der Kritik. Doch während die amerikanischen Sanktionierungsmaßnahmen [Wussten Sie schon – FCC erklärt Huawei und ZTE zum Sicherheitsrisiko] gegen den chinesischen Konzern weltweit für Aufmerksamkeit sorgen, achtet hierzulande kaum jemand auf Huaweis Integration in der europäischen Infrastruktur.
Trotz seiner wachsenden Smartphone-Sparte macht der Konzern aus Shenzen den Großteil seines Umsatzes mit dem Verkauf von Netzwerktechnologien an andere Unternehmen. Wann immer Telefonanbieter ihre 5G-Netze bewerben, steht Huawei als Vorreiter dieser Technologie und Lieferant der nötigen Komponenten im Hintergrund. Aber nicht nur 5G, schon seit Jahren greifen europäische Firmen vermehrt auf die günstigen, leistungsstarken Infrastrukturlösungen der Chinesen zurück.
Bei diesen überraschend hohen Zahlen stellt sich die Frage, ob es wirklich im besten Interesse der EU ist, einen Großteil ihres Mobilfunks von einer Firma realisieren zu lassen, die eine direkte Verbindung zur chinesischen Regierung hat. Großbritannien verbietet seinen Mobilfunkanbietern seit Mitte Juli konsequent den Einbau von Huawei-Komponenten. Die Briten gehen sogar weiter: Bis 2027 sollen auch alle bisher verbauten chinesischen Komponenten ausgetauscht werden. Frankreich ist aus dem gleichen Grund derzeit in Gesprächen mit den Herstellern Nokia und Ericsson, andernorts wartet man noch auf Reaktionen auf Regierungsebene.
Alternativen existieren und wiederholt zeigt, ist die völlige Abhängigkeit von einer einzigen Quelle immer langfristig mit Problemen verbunden. Die vermehrte Nutzung von Hardware verschiedener Hersteller führt vielleicht zu höheren Kosten, birgt aber dauerhaft weniger Risiken für die gesamte Struktur. Ist der Anteil der einzelnen Anbieter im Netz kleiner, können Probleme die ein Anbieter verursacht besser ausgeglichen werden. Die Fehlerbehebung kann schneller ausgeführt werden und betrifft weniger Nutzer.
Betrachtet man zusätzlich den Kurs der chinesischen Regierung, speziell im Bereich der Datenüberwachung, stellt sich die Frage umso deutlicher: wäre es für die meisten europäischen Länder nicht an der Zeit, verstärkt eine verminderte Nutzung von Huawei-Geräten anzustoßen, oder einen kompletten Huawei-Austritt ins Auge zu fassen?